Samstag, 14. Januar 2006

Über das Denken und die Sprache

Alles Denken ist ein Hantieren mit Symbolen gemäß bestimmter Spielregeln.

Die Kombination von Symbolen und Regeln (für die Handhabung der Symbole) ergibt ein SYSTEM. Wenn man Systeme auf ihr mathematisch-logisches Gerüst reduziert, scheinen alle Systeme entweder trivial oder unzuverlässig. Wenn sie trivial sind, sind sie zutreffend, aber man kann nicht viel von ihnen lernen, weil sie sich nur auf sehr wenig "beziehen". Sobald ein System nicht vollkommen trivial ist und sich auf mehr "bezieht", schleicht sich eine Art UNENDLICHER REGRESS ein, und es wird zunehmend unpräzise: Man muß sozusagen eine endlose Reihe von Schritten ZWISCHEN Schritt A und Schritt B beweisen, EHE man zu Schritt C gelangt.

Es gibt ein lustiges Beispiel von Lewis Carroll für diesen Regress, daß Hofstadter in seinem Werk "Gödel, Escher und Bach" anführt. Eine vereinfachte Analogie lautet folgendermaßen:
"Ich esse keine tiere, denn sie sind unsere Brüder", erklärt ein amerikanischer Schüler des Buddhismus einem Zen-Meister. "Warum sollten wir unsere Brüder nicht essen?" fragt der Meister zurück. Der Schüler hatte ein schlichtes System, das verkürzt etwa so wiedergegeben werden kann:

Tiere sind unsere Brüder.
Unsere Brüder dürfen wir nicht essen.
Also dürfen wir auch keine Tiere essen.

Sobald einer dieser Schritte kritisch durchleuchtet wird, ergibt sich ein neues Argument, dieses Argument kann seinerseits nicht analysiert werden, und so beginnt der unendliche Regress. Dem "gesunden Menschenverstand" oder anders gesagt, im Kontext der Wahrscheinlichkeit, erscheinen viele dieser Herausforderungen absurd, man kann sie vergessen. Doch jedes System, daß Gewißheit beansprucht, hat ja den Anspruch, ALLEN Herausforderungen gewachsen zu sein. Da dies zu zeigen aber unendlich viel Zeit beanspruchen würde, gibt es ein solches System bisher noch nicht. Die Grundlagen jedes mathematisch-logischen Systems werden heutzutage immer mehr als FORMAL angesehen - als Spielregeln - und weniger als als unveränderliche "Gesetze des Denkens", wie sie sich für Philosophen von Aristoteles bis Kant noch darstellten mussten.

Dies betrifft auch die Struktur von Systemen der reinen Vernunft (RV) an sich. Wenn wir RV mit SE (sinneseindrücken) kombinieren, ergibt sich ein weiteres Problem - die Unvollkommenheit der SE. Ein drittes Problem liegt in der Vielzahl von RV-Systemen, die zur Verfügung stehen. So muß man sich, um das Phänomen der Trennung zu beschreiben, zwischen der euklidischen, der Gauß-Riemannschen, der Lobatschewskij- , der fullerschen Geometrie oder dem n-dimensionalen Raum Hilberts entscheiden. Wir können nur dann beurteilen, welches System von RV mit SE kombiniert werden sollte, wenn wir die Resultate weiterer (in Experimenten gewonnener) SE untersuchen, und das führt vielleicht zu hoher Wahrscheinlichkeit, nicht aber zu Gewißheit. Jedes System von RV/SE, das in der Vergangenheit relevant war, muß ersetzt werden, wenn neue SE seinen Rahmen sprengen oder wenn ein anderes RV System neue Perspektiven eröffnet, die operational oder praktisch größeren Nutzen versprechen. Wie Einstein einmal sagte (zitiert nach Korzybiski, in : Science and Sanity): "Sofern die Gesetze der Mathematik zutreffen, beziehen sie sich nicht auf die Realität, sofern sie sich aber auf die Realität beziehen, sind sie unzutreffend."

Im alltäglichen Leben und unter dem Blickwinkel des gesunden Menschenverstandes bedienen wir uns meist dieser agnostischen VORSICHT und "erwarten das Unerwartete", "halten Augen und Ohren offen" usw. Wir fällen nur dann ein VOREILIGES URTEIL, wenn wir unter Zeitdruck stehen, oder wenn VORURTEILE EINE ROLLE SPIELEN, etwa bei einer politschen oder religiösen Kontroverse.

Wenn keine existenziellen Notwendigkeiten für harte Entscheidungen vorliegen, greifen wir auf die Gewißheit von Vorurteilen zurück.

Folgendes Modell von Prof. O.R. Bontrager erläutert das vorangegangene genauer:

Stadium 1 stellt ein Energie-Ereignis des Zeit-Raum-Kontinuums im Sinne Einsteins dar. Das kann ein subatomarer Prozeß sein, oder ein Pferd, das über ein Feld galoppiert, ein Film mit Dick und Doof, der auf eine Leinwand projeziert wird, das Atomkraftwerk namens "Sonne", das uns über 93 Millionen Meilen Licht und Wärme zuführt oder ein x-beliebiges anderes Ereignis in Raum und Zeit. Man nennt es oft ETISCHE REALITÄT oder non-verbale Realität.

Vom ersten Stadium führt ein Pfeil zum zweiten Stadium. Dieser erste Pfeil stellt einen TEIL (nicht die Ganzheit) der Energie im ursprünglichen Energie-Ereignis dar, der auf ein Wahrnehmungsorgan trifft - Ihres oder meins oder das Ihres Nachbarn.


Stadium 2 symbolisiert die Aktivität der Wahrnehmungsorgans, nachdem es "getroffen" oder gekitzelt oder auf irgend eine andere Weise vom TEIL der Energie stimuliert wurde. Machen Sie sich klar, daß das Wahrnehmungsorgan nicht ALLE Energie absorbiert - selbst in extremfällen nicht. Mit anderen Worten: Wenn ihnen jemand mit einem Hammer auf den Kopf schlägt, absorbieren sie keinesfalls ALLE Energie, die in dem Hammer steckt.
Selbst in diesem Stadium - auch wenn nichts weiter für die Wahrnehmung erforderlich war - hätten wir es nur mit einem TEIL, nicht mit dem GANZEN zu tun, wir müssten mit Abstraktionen, Ungenauigkeit, Anfälligkeiten hantieren.

Vom zweitem Stadium führt ein Pfeil zum dritten Stadium. Der zweite Pfeil stellt einen TEIL dessen dar, was passiert, wenn das Wahrnehmungsorgan durch einen TEIL der Energie, die ihn aus dem Raum-Zeit- Kontinuum erreichte, stimuliert wurde. Mit diesem Pfeil symbolisieren wir sehr sehr viele Signale, die von allen möglichen Stellen unseres Körpers aufgenommen werden.

Stadium Drei bezeichnet die Reaktion des Organismus, die höchst komplex ausfallen kann. Beispielsweise, wenn das Energiebündel sich als folgendes Signal entpuppt: "Deine Mutter ist von Terroristen vergewaltigt und ermordet worden! " In diesem Fall werden mindestens Magen, Tränendrüsen und Herz aktiviert, um das Signal zu verarbeiten, aber auch das Nerven- und Drüsensystem.

Versuchen Sie nur einmal, sich ein paar der der zu erwartenden Reaktionen im Organismus eines fundamentalistischen Christen vorzustellen - einschließlich der Produktion von Gallensäure und Adrenalin - der es geschafft hat, bis hierhin zu lesen! Oder eine Feministin, der man den Satz: "Keine Frau hat je eine erstklassige Symphonie geschrieben! " an den Kopf wirft. Oder eines Marxisten, der eine Rede von Margaret Thatcher hört, eines Zwerges, der eine Reihe von - für Nicht-Zwerge - "wirklich komischen" witze liest oder eines jüdischen Gelehrten, der objektiv die Texte jener Revisionisten studieren will, die behaupten, einen Holocaust hätte es nie gegeben.
Es ist offensichtlich, daß mit der SUBTRAKTION (oder Abstraktion: nur ein Teil der externen Energie wird aufgefangen, nicht die ganze Energie) Wahrnehmung auch eine Art ADDITION von vorher exisierenden Emotionen umfaßt. Das, was Freud mit "Projektion" meint.

Der nächste Pfeil (von Stadium drei zu Stadium vier) steht für die Übertragung all dessen an das Gehirn. Ohne Zweifel ist das, was im Gehirn ankommt, BEREITS stark durch die angesprochenen Prozeße von Subtraktion und Addition gefärbt, das Gehirn selbst aber besitzt, außer bei Neugeborenen, auch eine Reihe von PROGRAMMEN oder "Ordnungssystemen", um die eintreffenden Signale zu klassifizieren.

Stadium Vier stellt das "Wahrgenommene", wie man es üblicherweise nennt, das geistige "Bild" oder die "Idee" dar, die entsteht, nachdem das Gehirn die ursprüngliche Energie, zuzüglich der entsprechenden Addition und abzüglich einer Subtraktion, verarbeitet hat.


Vom vierten zum fünften Stadium führt sowohl ein Pfeil hin als auch zurück. Diese beiden entgegengesetzten Pfeile bezeichnen das komplizierteste und teuflischste Stadium dieses neurologischen Programmierungsprozesses: das Feedback zwischen der eindringenden Energie (plus Addition minus Subtraktion) und dem SPRACHSYSTEM (einschließlich symbolischer, abstrakter Sprachen wie der Mathematik), dessen sich das Gehirn normalerweise bedient.

Der letzte Maßstab für den Menschen ist stets verbal oder symbolisch und daher in der bereits vorhandenen STRUKTUR - gleich welcher Sprache oder welchen Systems - verschlüsselt, die das Gehirn zu verstehen gelernt hat. Der dabei stattfindende Prozeß vollzieht sich nicht als lineare Reaktion, sondern als synergetische Transaktion.

DAS ENDPRODUKT IST DAHER EIN NEUROSEMANTISCHES GEBILDE, EINE ART METAPHER.

Die Entdeckung, daß Sprache im Grunde metaphorisch ist, taucht zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts auf und inspirierte Emerson zu seinem berühmten Ausspruchm daß wir in "versteinerten Gedichten" miteinander kommunizierten. So heißt das englische Verb "want" eigentlich "leer sein" - want und vacant stammen aus derselben Wurzel. Sogar das Verb "be", einer der abstraktesten Begriffe überhaupt, stammt von einer indogermanischen Wurzel ab, die ursprünglich soviel bedeutete wie "sich im Wald verirren". Abstrakter, glaube ich, konnte ein damaliger Mensch nicht denken: Wenn er heimgefunden hatte, wenn er wieder mit anderen Menschen zusammen war, verließ er (oder sie) den abstrakten Zustand des "be" und wurde wieder in die komplexe Befindlichkeit einer SOZIALEN Existenz mit ihren Spielregeln integriert. Ein "villain", ein Leibeigener, war ein Mensch ohne Besitz, der darauf angewiesen war, sich bei anderen zu verdingen (und Marxisten könnten uns noch jede Menge mehr über Klassenvorurteile innerhalb unserer Sprache beibringen). MAN sagt "man" und meint Mann und Frau, trotz aller feministischen Erneuerungsversuche.
Eine komische Geschichte über sexuelles Verhalten ist üblicherweise ein "schmutziger Witz", weil Asketen und Puritaner ihre eigenen Programme in die Sprache haben einfliessen lassen, aber angelsächsische Begriffe für bestimmte Körperfunktionen sind wegen der Pluralität der puritanisch-ökonomisch-rassistischen Vorurteile schmutziger als Worte normannischer Herkunft.

Sogar die Artikel sind Metaphern. Sie gehen davon aus, daß die Welt so in Schubladen aufgeteit IST, wie unsere Köpfe sie eingeteilt haben, überdies scheinen sie eine äußerst hypnotische Wirkung zu haben. Denken Sie nur daran, was für Tragödien und unvorstellbares Leid durch Verallgemeinerungen über "DIE Juden" oder "DIE Schwarzen" hereingebrochen ist. Oder nehmen wir ein komplexeres Beispiel -"DIE Länge DER Straße". Das war ein vollkommen vernünftiger und "objektiver" Begriff, bis Einstein bewies, daß diesselbe Straße ganz verschiedene Längen besitzen kann - Länge1, Länge2 usw. - abhängig von der Geschwindigkeit, mit der man sich bewegt, abhängig aber auch von der Schnelligkeit des armen Teufels, der sie zu messen versucht.

Und wie steht es mit "IST" im Sinne aristotelischer Identifizierung - etwa in der Aussage "A IST B"? In der Mathematik scheint es sehr brauchbar zu sein, denn DIE TEILE EINES MATHEMATISCHEN SYSTEMS EXISTIEREN ABSTRAKT, D.H. DURCH DEFINITION, was baer geschieht, wenn wir es auf ein nicht-mathematisches, sinnlich-körperliches Phänomen übertragen? Betrachten wir folgende Aussagen: "Das ist ein großes Kunstwerk! ", "Das ist dummes Geschwätz", "Das ist Kommunismus", "Das ist sexistisch" oder "Das ist Faschismus". Den allgemein akzeptierten Prinzipien der Neurologie zufolge müßten diese Aussagen ein wenig komplizierter sein, beispielsweise so: "Das scheint mir ein großartiges Kunstwerk zu sein! ", "Ich halte das für dummes Geschwätz", "Das sieht aus wie Kommunismus", "Ich empfinde das als sexistisch" oder "Das wirkt auf mich wie Faschismus".

Wenn nun ein Wortklauber wie ich hingeht und den Leuten das unter die Nase reibt, werden manche sagen, gewiß, die korrigierten Formulierungen seien das, was sie WIRKLICH meinten, während das aristotelische Wort "ist" nur aus Bequemlichkeit gebraucht werde, oder weil es kürzer sei. Doch wenn man Menschen genau beobachtet, wird man feststellen, daß die Sprache tatsächlich hypnotische Wirkungen hat: daß derjenige, der sagt "Das ist heilig", das non-verbale Ereignis so behandeln wird, als sei es WIRKLICH heilig, und umgekehrt derjenige, der behauptet "Das ist Quatsch! ", sich so verhält, als sei es tatsächlich Quatsch.

In seinem Werk "Physics as Metaphor" versucht Roger Jones, dem Leser das transaktionale oder poetische Element in einer scheinbar so präzisen Aussage wie der folgenden zu verdeutlichen: DIESER TISCH IST DREI METER LANG.

Für den Fall, daß Jones Argumentation dem geneigten Leser absurd oder übertrieben erscheinen sollte, erinnere ich an das berühmte "schiefe Zimmer" von Albert Ames. Dieses Beispiel wird auch in der Anthologie "Perception" erörtert und in Amerika immer wieder im Fernsehunterricht eingesetzt: Ein Raum ist so konstruiert, daß das Gehirn, wenn es sich der eingespielten Programme und Metaphern bedient, ihn als ein ganz gewöhnliches Zimmer klassifizieren wird. In Wirklichkeit ist er alles andere als das: Wände, Decke und Boden stehen in seltsamen Winkeln zueinander, die jedoch bei erwachsenen Menschen diesselben optischen Signale erzeugen wie ein "normaler" Raum. (Indizien scheinen zu belegen, daß Kinder unter 5 Jahren auf diese Illusion nicht hereinfallen.)

Nun passiert etwas sehr komisches, aber auch lehrreiches - etwas, das möglicherweise mit UFOs und anderen "verrückten" Phänomenen zu tun hat. Sobald nämlich zwei gleich große Personen das Zimmer betreten und aufeinander zugehen, "sieht" das Gehirn, daß die eine Person wie durch ein Wunder immer größer wird, buchstäblich zu einem Riesen aufschießt, während die andere gleichzeitig zu einem Zwerg schrumpft. Das Gehirn klassifiziert das Zimmer als "normal" und hält starrsinnig an diesem Programm fest, selbst wenn es dann gezwungen ist, neue Signale als buchstäblich übernatürliches Ereignis zu deuten.

Noch subtilere und alarmierende Beispiele finden sich in Systemen von Metaphern, die in einen bestimmten Code oder in eine Sprache eingebettet sind.

Descartes, der -zumindest nach eigener Aussage - stets versuchte, alles anzuzweifeln, mußte einsehen, daß er den Satz "Ich denke, also bin ich" nicht anzweifeln konnte. Der Grund war, daß er vor den Entdeckungen der Linguisten des neunzehnten Jahrhunderts lebte. Nietzsche, der eine einschlägige Ausbildung genossen hatte, ehe er Philosoph oder eine soziale Bedrohung oder weiß der Kuckuck was wurde, erklärte, daß Descartes diese Aussage nicht anzweifeln konnte, weil er nur indogermanische Sprachen kannte. Es ist eine indogermanische Kodierungs-Übereinkunft, daß einem Verb ein Substantiv vorangehen muß - eine bestimmte Handlung MUß also einem angeblich isolierten und angeblich vergegenständlichten Handelnden zugeschrieben werden. Deshalb sagen wir heute noch "ES regnet", obwohl wir schon lange nicht mehr an Zeus oder irgend einen anderen Regengott glauben und schwerlich erklären könnten, worauf sich dieses "es"beziehen soll.

Diese STRUKTURELLEN SPRACHLICHEN Faktoren sind ausschlaggebend dafür, daß nicht einmal ein Genie ein Gedicht präzise von einer Sprache in die andere übertragen, sondern höchstens zu einer sehr groben Entsprechung gelangen kann. Vielleicht verdeutlichen sie auch einige der großen Konflikte in der Geschichte der Philosophie. So hat Prof. Hugh Kenner überzeugend argumentiert, daß Descartes, da er an ein noch stärker vom Latein beeinflußtes Französisch gewöhnt war als wir, sich "une pomme grosse et rouge" vorstellen und daraus folgern mußte, daß das Bewußtsein mit allgemeinen Ideen anfängt und erst dann Bsonderheiten entdeckt, wogegen Locke, der in Englisch dachte, dasselbe Ereignis in Raum-Zeit als "big red apple" wahrnehmen und daraus schließen mußte, daß das Bewußtsein zuerst Besonderheiten wahrnimmt und daraus allgemeine Ideen entwickelt.

Die chinesischen Schriftzeichen, die streng übersetzt Jade/Sonne + Mond lauten, werden für uns verständlich, wenn wir uns klar machen, daß Sonne + Mond unter anderem "Helligkeit" bedeutet, also "Die Jade ist hell", oder etwas eleganter ausgedrückt: "Die Jade glänzt". Und die Zeichen Schüler/Sonne + Mond verwandeln sich in eine erstaunliche Metapher: "Der Schüler ist hell" oder "klug". Doch Herz + Leber/Sonne + Mond hat bisher jeden Konfuzius-Übersetzer vor schier unlösbare Probleme gestellt.

Selbst ein Chinese, der diese Beispiele in deutsch liest, kann die verborgene Poesie seiner Sprache erahnen und neu erfahren, wenn er darüber nachdenkt, warum sich Konfuzius Satz so schwer in andere Kulturen übertragen lässt. Ganz ähnlich kann ein deutschsprachiger Leser die vergessene Poesie seiner Sprache wiederentdecken, wenn er versucht, so alltägliche Ausdrücke wie "Pustekuchen", "lichterloh", "mutterseelenallein", "Kohldampf" oder "potztausend" in eine andere Sprache zu übersetzen.

Und wie steht es mit der "MATERIE", dem Götzenbild der fundamentalistischen Materialisten? Auch das ist nur eine Metapher, ein "versteinertes Gedicht", verwandt dem METER und dem MAß (und, seltsam genug, auch der MUTTER). Irgendwo hat jemand aus der organistischen (ganzheitlichen) Aktivität des Messens die Metapher, das Substantiv: "Das-was-gemessen-wird", abgeleitet. Ebenso entstand aus den Erfahrungen, die Nietzsche einst "dieses Blatt", "jenes Blatt" und "das nächste Blatt" und die Semantiker "Blatt1", "Blatt2", "Blatt3" usw. nannten, das Substantiv oder Gedicht "Blatt" oder "das Blatt". Daß jener Prozeß in der Tat hochpoetisch und sogar metaphysisch war, wird durch die Tatsache belegt, daß Platon angeblich oder wirklich glaubte, daß "das Blatt" tatsächlich irgendwo existiert.

In ähnlicher Weise glauben die meisten Materialisten, möglicherweise nur angeblich, daß "Materie" irgendwo existiert.

Doch nie hat jemand das Gedicht oder die Abstraktion "Materie" wirklich erfahren, ebensowenig wie "Das Blatt". Die menschliche Erfahrung bleibt auf Messung1, Messung2, Messung3 und Blatt1, Blatt2 und Blatt3 beschränkt.

Spezifische, raum-zeitlich bestimmte Ereignisse werden erlebt (und für gewöhnlich ertragen), Substantive sind Konventionen, die sich in Kodes oder Metaphern darstellen.

Wenn "Materie" eine Metapher ist, wie steht es dann mit "Raum" und "Zeit", in denen man sich laut Übereinkunft entweder bewegt oder stillsteht?
Daß auch sie Metaphern sind, wird aus der Tatsache ersichtlich, daß die moderne Physik nach Einstein es für nötig gehalten hat, sie durch das elegantere Konzept von "Raum-Zeit" zu ersetzen.

Die Übereinkünfte bezüglich der Kodierungen oder METAPHERSYSTEME, die uns zu Menschen machen, werden in der Antrophologie "Kultur" oder "kulturelle Struktur" genannt. Die Systeme, die die Wissenschaft zu einer gegebenen Zeit benutzt, nennt man MODELLE dieser Zeit. Manchmal wirft man alle Modelle in einen Topf und bildet ein Supermodell, ein sogenanntes PARADIGMA. Der allgemeine Fall - die Klasse aller Klassen von Metaphern - wird (von Harold Garfinkle, der aus den Subsystemen der Antrophologie und der Sozialpsychologie ein Metasystem namens Ethnomethodologie entwickelt hat) als EMISCHE REALITÄT einer Gruppe bezeichnet, von Existenzialisten als EXISTENZIELLE REALITÄT und von Timothy Leary, Psychologe, Philosoph und Designer von Computer-Software, als REALITÄTSTUNNEL.










das jetzt alles nicht von mir gewesen, aber unterstreichbar. wer weiterlesen möchte: "Die neue Inquisition" von Robert Anton Wilson. Allerdings wird dieses Buch (wie ziemlich viele andere gute Bücher auch - die geheime Zensur -) in Deutschland nicht mehr verlegt. schade, sowas. also muss ich es ja quasi durch netz vervielfältigen. man hat ja verantwortung.

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